Mehr Bildung für alle

Aus Beschlüsse der SPD Kiel
Version vom 19. August 2021, 19:16 Uhr von SPD Kiel Kreisausschuss (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Gremium: Kreisausschuss
Sitzung: Kreisausschuss 18.08.2021
Bezeichnung:
Antragsteller: OV Hassee


Beschluss: Überwiesen an Kreisvorstand und AfB Kiel


Die SPD Kiel setzt sich für die Aufnahme der folgenden acht Punkte in das zu erarbeitende Landtagswahlprogramm der SPD Schleswig-Holstein ein, um für mehr Chancengleichheit an den Schulen in Schleswig-Holstein zu sorgen:

1. Planstellen für Digitalisierung: Die Digitalisierung der Schulen darf nicht dazu führen, dass die Ungleichheit weiter zunimmt und schlechter gestellte Haushalte zurückgelassen werden. Die Digitalisierung muss alle mitnehmen. So reicht es nicht Leihgeräte zur Verfügung zu stellen. Es muss auch die Qualifikation und das Personal zur Verfügung gestellt werden, damit diese Leihgeräte benutzbar ausgegeben und gewartet werden können. Die Digitale Infrastruktur in der Ausnahmensituation der Corona-Krise ohne Planstellen aufzubauen, hat Lehrkräfte Zeit gekostet, sich die geforderten Qualifikationen anzueignen, die für Betreuung und Kontakt notwendig gewesen wäre. Grundschulen haben keine Informatiklehrer*innen und auch an weiterführenden Schulen sollten nicht Schüler*innen- AGs für die Digitalisierung zuständig sein. Inzwischen haben sich häufig Lehrer gefunden, die federführend diese Aufgaben übernommen haben. Künftig sollte im Voraus für Digitalisierungsprojekte der Zeitaufwand ermittelt und in Form von Planstellen zur Verfügung gestellt werden. Für die laufende Betreuung der digitalen Lernsysteme muss dann entsprechend dem realen Bedarf dauerhaft Planstellen hierfür zur Verfügung gestellt werden. Zum Beispiel sollen bei den Leihgeräten für Schüler die Wartung durch die Schule geleistet werden. Der Leihgerätebedarf ist aber von Schule zu Schule unterschiedlich. Sofern keine Spezialkenntnisse erforderlich sind, sollte das IQSH in enger Abstimmung mit dem jeweiligen Schulträger die nötige Qualifikation für die verantwortlichen Lehrkräfte in Form von Weiterbildungsangeboten zur Verfügung zu stellen.

2. 110 % Personalbedarfsdeckung für alle weiterführenden Schulen! Beseitigung von offenen und verdeckten Unterrichtsausfällen an weiterführenden Schulen

3. 115 % Personalbedarfsdeckung für alle Grundschulen! Beseitigung von verdeckten Unterrichtsausfällen und zusätzlich echte Verlässlichkeit an den Grundschulen, denn Verlässlichkeit muss sich auf alle geplanten Unterrichte auch außerhalb der Kernzeit, d.h. LRS, DAZ, Förderunterricht, Forderunterricht, 4+1 und AGS erstrecken. Dies ist wichtig für Eltern, es ist aber auch zur Erreichung der mit den zusätzlichen Unterrichten verbundenen Zielen erforderlich. Eigenverantwortliches Arbeiten als wichtige Möglichkeit des schulischen Lernens darf nicht zur Einsparung von Lehrkräften und dem Kaschieren von Unterrichtsausfällen missbraucht werden. Dazu: 115 % Personalbedarfsdeckung! Dies eröffnet auch die Möglichkeit von mehr Doppelbesetzungen, die dazu dienen können, gezielten Förderbedarf jenseits der Obergrenze von 22 Schülern zu decken, etwa zu Beginn der ersten Klasse.

4. Begrenzung der Klassengröße an allgemeinbildenden Schulen auf maximal 22 Schüler*innen: Der Bildungserfolg in immer heterogener werdenden Klassen erfordert kleine Klassengrößen, um auf besondere Erfordernisse eingehen zu können.

5. Unterstützung für Schulen mit besonderen Herausforderungen und verbindliche Mindeststandards für alle Formen des Förderunterrichts: Schulen mit besonderen Herausforderungen erhalten eine zusätzliche Personalzuweisung (Lehrkräfte, Sonderpädagog*innen und sozialpädagogische Fachkräfte) um allen Schüler*innen gerecht werden und sie angemessen fördern zu können. In der gegenwärtigen Situation unterfinanzierter und personell unterbesetzter Schulen besteht die Gefahr, dass LRS, DAZ usw. gegenüber Projekten, mit denen sich die Schulen in der Öffentlichkeit profilieren und damit für neue Schüler empfehlen können, ins Hintertreffen geraten. Zur Erläuterung das Beispiel LRS an Hand des Erlass des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 31. August 2018 – III 315 : Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Lese-Rechtschreib-Schwäche (Legasthenie) Der Erlass benennt eine Fülle von Regelungen zu Ausgleichs- und Fördermaßnahmen sowie Notenschutz. Dabei sind nur wenige verbindliche Vorgaben und selbst von diesen wenigen werden in der Realität nicht alle eingehalten. So ist etwa eine erneute Testung in der 5. Klasse vorgesehen, die nun aber regelmäßig in der 6. Klasse erfolgt. Zu spät für einen nicht erkannten LRS-Fall, da sich ja bereits in der 6. Klasse entscheidet, ob auf der jeweiligen Schule verblieben werden kann. Der Gestaltungsspielraum, den die Schulen haben, kann natürlich dazu dienen, die Maßnahmen individuell zu optimieren. Unter den gegenwärtigen Bedingungen (5. Klasse mit 30 Schülern z.B.) ist die Gefahr jedoch groß, dass nur das verbindliche Minimum geleistet wird. Die Förderung in der 3. Klasse kann z.B. klassen- und jahrgangsübergreifend erfolgen, muss nicht volle 45 Minuten umfassen, richtet sich nach dem Förderkonzept der Schule und im Umfang nach der Kontingentstundentafel. Für Eltern ist es so fast unmöglich, herauszufinden welche Förderung seinen Kindern zustehen. Deshalb sollte nach der Feststellung einer LRS ein verbindlicher Förderungsplan erstellt werden, der sich aus ebenfalls verbindlichen Standards für jede Klassenstufe ergibt.

6. Verdoppelung der Anzahl der Gemeinschaftsschulen mit gymnasialer Oberstufe: Die Corona-Krise hat mit Blick auf die entstandenen Bildungsrückstände gezeigt, wie unvertretbar die Entscheidung über die zukünftige Schulart nach 3 ½ Schuljahren für die weitere Schulkarriere ist. Verlässliche Entwicklungsmöglichkeiten bieten nur Gemeinschaftsschulen. Hiervon gibt es noch immer viel zu wenige. Durch die reduzierte Klassengröße ergibt sich ein Mehrbedarf eben auch in der gymnasialen Oberstufe, der dann an den Gemeinschaftsschulen gedeckt werden könnte.

7. Intensivierung und Verstetigung der Lehrer*innenfortbildung: Es genügt nicht mehr Zeit für Bildung zu schaffen, es muss auch sichergestellt sein, dass diese Zeit optimal genutzt wird von optimal qualifizierten Lehrern. Schleswig-Holstein kennt nach der Aufstellung der KMK keine Fortbildungsverpflichtung. Lehrkräftebildungsgesetz Schleswig-Holstein (LehrBG) Vom 15. Juli 2014 § 31 Fortbildungsplanung: Die Schulleiterin oder der Schulleiter verantwortet die Fortbildungsplanung unter Berücksichtigung der Entwicklungsschwerpunkte der Schule wie auch der individuellen Fortbildungsbedarfe der einzelnen Lehrkräfte. Dies sollte zugunsten einer individuellen Fortbildungsverpflichtung ersetzt werden. Es sollte eine Vorgabe zur Häufigkeit und ebenso zur thematischen Auswahl geben, deren Erfüllung auch kontrolliert wird. Dazu gilt es gemäß den fünf Bausteinen für eine Reform der Lehrerfortbildung der Friedrich Ebert Stiftung ein qualifiziertes Angebot zu schaffen. Eine der Forderungen ist die verbesserte Zusammenarbeit von Schule und Universität sowie die Verbindung von Lehrerausbildung und Lehrerfortbildung. In diesem Sinne sollte ein universitärer Lehrstuhl zur schulischen Chancengleichheit eingerichtet werden. Seine Aufgabe ist es, regelmäßig über den empirisch ermittelten Stand der schulischen Chancengleichheit in Schleswig-Holstein zu berichten und die spezifischen Optimierungspotenziale für Schleswig-Holstein zu benennen. Dies soll die Basis für die Einbeziehung der schulischen Chancengleichheit in die Lehrerausbildung sein. In Zusammenarbeit mit dem IQSH soll sie ebenfalls zur Fortbildung der Lehrkräfte in Sachen schulischer Chancengleichheit dienen.

8. Erster Schulabschluss (ESA): Aufwertung und Verlängerung der Regelschulzeit auf zehn Jahre Wenn die geforderten Maßnahmen Nr. 1-7 erfolgreich sind, sollte es für die überwältigende Mehrheit der Schüler*innen möglich sein, den Mittleren Schulabschluss (MSA) zu schaffen. Für die verbleibenden Schüler*innen sollte das zusätzliche Schuljahr Möglichkeiten eröffnen, den ESA zu leisten, damit künftig keine Schüler*innen in Schleswig-Holstein mehr ohne Abschluss die Schule verlässt.

Der SPD Kreisvorstand bereitet einen Antrag für den nächsten Landesparteitag vor, bzw. bringt diesen Antrag in die Erarbeitung in das Landtagswahlprogramm ein.